Schatzhaus Icon
Rom Gaastra

03.02.2013 - 27.04.2013
Umbruch 2013
Module im Wandel

3.2.2013 - 31.12.2013

So oder so, 2013 wird für die Stiftung für konkrete Kunst ein Jahr der Entscheidungen und Veränderungen sein. Um diese Umbruchsituation in positiver und kreativer Form öffentlich sichtbar zu machen, entstand die Idee zu einem besonderen Projekt.
Und so steht der Titel Umbruch 2013 nicht für eine bestimmte Ausstellung, sondern er beschreibt vielmehr den Prozeß eines ganzen Jahres, in welchem die stetige Veränderung der Räume und Exponate zum Prinzip wird. Der Tag der Eröffnung ist somit nicht, wie sonst üblich, der definitive Abschluß einer Ausstellungskonzeption, sondern er markiert vielmehr den Startpunkt einer Exkursion mit unbekanntem Ziel.

Seit 25 Jahren ist die Stiftung für ihre unkonventionellen Ausstellungen bekannt. Zeit-, Kultur- und Gattungsgrenzen wurden überschritten, museale Präsentationsformen in Frage gestellt.
Die Stiftungsarbeit beschränkt sich jedoch nicht allein auf das Ausstellen und Vermitteln von Kunst, sondern ebenso wesentlich sind für sie die Aufgaben des Sammelns und Archivierens. Und diese beiden Tätigkeiten führten bereits 2005 zu einer weitreichenden Konsequenz. Da die vorhandenen Depoträume die wachsenden Sammlungen und Archive nicht mehr aufnehmen konnten, wurde die große Ausstellungshalle im Erdgeschoss zum Schaulager.


Auf langen Palettenstegen, in Kisten und Kartons wird das gesamte Arbeitsmaterial der Stiftung aufbewahrt.
Von Anfang an war aber klar: in dieser Fabrikhalle wird nicht nur gelagert, sondern auch geschaut. Vor, zwischen oder über den Reihen und Stapeln des Magazins wurden zum Beispiel Werke von Nikolaus Koliusis, Anton Stankowski, Thomas Lenk oder zuletzt von Erik Sturm gezeigt.

Für die Besucher hat die spezifische Atmosphäre des Schaulagers einen besonderen Reiz. Denn sie betreten einen Raum, in dem alle Aktivitäten der Stiftung, das Sammeln, Archivieren und Ausstellen auf einmal und in komprimierter Form sichtbar und greifbar werden. Hier ist alles möglich, nichts hat seinen endgültigen Platz, die Module sind austauschbar, ständig muss umgebaut werden, weil neue Dinge hinzukommen, die einzige Konstante ist der stetige Wechsel.


In der Umbruchphase 1 ist nun überall Schaulager.
Lange Trassen der stabilen, vor allem aber mobilen Europaletten durchziehen nun auch das Dachgeschoss und das 2.Obergeschoss. Auf den Paletten lagern Kisten, Kartons, verpackte oder unverpackte Bilder, Plastiken, Möbel, afrikanische Objekte, Kunstwerke im Lagermodus. Einige Paletten sind leer, Freiräume für zukünftige Veränderungen. Manche Exponate der beiden vorangegangenen Ausstellungen sind noch da, andere, auch bislang noch nie gezeigte Werke sind neu dazu- gekommen.
Kunst und Nicht-Kunst sind ungefiltert kombiniert, eine Herausforderung für den Besucher, der sich dazuhin, wie auf jeder 'Baustelle' sehr aufmerksam und vorsichtig bewegen muss, um nicht ins Stolpern zu geraten.



Und dann gibt es da doch noch eine richtige Ausstellung, Schatzhaus Icon.
Mitten hinein in diese Umbruchsituation hat der nieder-ländische Künstler Rom Gaastra drei Wandarbeiten installiert, drei Farbräume gebaut. Wie bereits 2005, als Gaastra in einer Einzelausstellung den Dachgeschossraum der Stiftung mit fast eintausend Einzelobjekten in eine überdimensionale, bunte Farbpalette verwandelt hat, so realisiert er auch jetzt seine Installationen aus der Summe von Teilen. Und zwar aus den für seine Arbeit typischen, kleinen zweifarbigen Holzobjekten, deren Malfläche aus einem hinten offenen, fünfflächigen Körper besteht. Diese außergewöhnliche, fast prismenartige Bildform erzeugt eine erstaunliche Vielfalt unterschiedlicher Farbtöne. Die streng geometrische Anordnung der Einzelelemente wird durch die Interaktion der Farben gebrochen, es entstehen durch Rhythmus und Spannung dynamisierte Farbfelder, Farbräume, die den Blick des Betrachters in ständiger Bewegung halten.



Nicht selten wurden Gaastras kleine Farbtafeln mit christlichen Ikonen verglichen. Und aus diesem Grund wurde nun vor einer seiner drei 'profanen Ikonostasen' ein sogenanntes Schatzhaus mit 12 'Räumen' aufgebaut. Doch nicht nur zwei russische Ikonen sind dort zu bewundern, sondern auch weitere Kostbarkeiten. Einige Stücke waren bereits in früheren Ausstellungen der Stiftung zu sehen, andere, wie die kleine Pietà aus Carnia (um 1600), der bronzene Buddha Shakyamuni aus der Ming-Dynastie oder der chinesische Gelehrtenstein vom Typ taihu werden zum ersten Mal gezeigt.


Was erwartet der Besucher, wenn er eine Kunstausstellung betritt? Nun, ein Schatzhaus inmitten einer Baustelle erwartet er wohl eher nicht. In diesem Sinne ist die aktuelle Präsentation in der Stiftung für konkrete Kunst wieder einmal für Überraschungen gut.

GK 29.1.2013